Von der Annaberger Amtshauptmannschaft.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 42, 17. Oktober 1926, S. 7

Die ehedem Königliche Amtshauptmannschaft, deren Sitz zuerst in Niederforchheim war, wurde am 28. Januar 1860 nach Annaberg verlegt. Die Amtsräume befanden sich zunächst ¼ Jahr lang im früheren Bergamtsgebäude auf der Großen Kirchgasse, dann im „Gasthof zum Kronprinzen“ und später in dem der Frau verw. Stadtrichter Walther (jetzt Jägers Erben) gehörigen Grundstück Wolkensteiner Straße 33. Die Kanzleiräume waren in dem nach dem Garten zu gelegenen Hintergebäude untergebracht. Der damalige Vorstand der Amtshauptmannschaft, Amtshauptmann v. Einsiedel, verlegte 1865 seine Wohnung und die Kanzlei in das der Firma Bräuer u. Söhne gehörende Haus Wolkensteiner Straße Nr. 53. Die Kanzlei wurde links in dem zweifenstrigen Zimmer des Erdgeschosses eingerichtet. Das Personal bestand aus einemb Sekretär und 2 Expedienten. Der Aufgabenkreis der damaligen Amtshauptmannschaften umfaßte das Militäraushebungs- und Gendarmeriewesen und die staatliche Straßen- und Wegebauangelegenheiten. Als im Jahre 1872 die staatliche Verwaltungsreform einsetzte, wurde die Amtshauptmannschaft in das staatliche Forstrentamtsgebäude verlegt.

Während vor der Reform den Amtshauptleuten zur Bestreitung des Kanzleiaufwandes, Besoldung der Angestellten usw. ein Pauschalbetrag gewährt wurde, fiel dieser nach Einführung der Reform weg, da von dem obenbezeichneten Zeitpunkte an staatliche Geschäftsräume zugewiesen und staatliche Beamte eingestellt wurden, auch aller sonstige Geschäftsaufwand zu Lasten des Staates ging. — Der bei der alten Annaberger Amtshauptmannschaft, und zwar schon in Niederforchheim seit einer langen Reihe von Jahren angestellte und allgemein beliebte und bekannte Sekretär Friedrich August Illgen (geb. 1820) wurde bei der Verwaltungsrefotm als staatlicher Beamter mit übernommen und starb als Kanzleirat im Jahre 1894 in Annaberg.

Wolkensteiner Straße Nr. 53 im Jahre 1880 nach einer Zeichnung von Paul Bach (jetzt Oberlehrer und Kantor)

Das Haus Wolkensteiner Straße 53 gehört jetzt (zusammen mit Nr. 51) dem Fleischermeister Gustav Langer, der es von den Joh. Fürchtegott Bräuerschen Erben erwarb. Unter J. F. Bräuers Besitz brannte am 9. Juli 1862 die im Hintergebäude befindliche Spritfabrik ab.

Im Jahre 1762 war es Eigentum des am 24.7.1799 verstorbenen Bürgermeisters Johann Christoph Wex. Hier wohngte Kurfürst Friedrich August III. bei seiner Anwesenheit in Annaberg am 2.9.1773. — Von den Wexschen Erben ging es vor reichlich 100 Jahren an den Seidenfärber und Ehrenbürger Philipp Theodor Zürcher über. Das Nachbarhaus Nr. 51 gehörte vor zirka 120 Jahren dem Kürschnermeister und Lokaldichter Johann Gottlieb Grund.

„Gasthaus zum Kronprinzen“
(aus einer Lithographie von Julius Wagner)

An Stelle des „Hotel Kronprinz“, Wolkensteiner Straße Nr. 6 stand ehedem ein u.a. den Familien Gensel und Conrad gehörendes Bürgerhaus, in das man später die sogen. „Garküche“ verlegte. Diese wurde am 7. September 1855 ein Raub der Flammen und an seiner Stelle erbaute man den heutigen Gasthof, der mit besonderer Genehmigung des damaligen Kronprinzen Albert von Sachsen den Namen „Gasthaus zum Kronprinz“ erhielt. Vor zirka 60 Jahren gehörte das Grundstück dem Gastwirt E. B. Rockstroh, ging dann in den Besitz von Ferd. Weißflog und dann schließlich an seinen jetzigen Eigentümer Max Mauersberger über.

Königliches Rentamt
(aus einer Lithographie von Julius Wagner)

An Stelle des Königl. Rentamtes, Magazingasse 16, stand früher ein Teil des am 12. Februar 1502 gegründeten, vom 8. bis 14. september 1512 eingeweihten und beim Stadtbrande am 27. April 1604 durch Feuer zerstörten Franziskanerklosters. Längere Zeit lag das Gebäude in Trümmern und unbenutzt da, bis der im Bilde veranschaulichte Teil im Jahre 1802 zu einem Bergmagazin ausgebaut wurde. Vom 1. April 1861 ab befand sich die Oberforstmeisterei in ihm und vom 1. April 1863 ab beherbergte es die Räume des Rentamts, aus dem am 1. April 1865 das Forstrentamt entstand, bis endlich im Jahre 1872 die Amtshauptmannschaft ihr Domizil hierher verlegte.

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Dem einen Expeditionsraum der sechziger Jahre stehen heute, nachdem die Amtshauptmannschaft im Laufe der Zeit zu einer Verwaltungsbehörde von größter Wichigkeit ausgebaut ist, 18 Räume gegenüber, in denen 31 Beamte und Angestellte tätig sind. Mit ihnen bearbeiten in weiteren 16 Räumen 15 Beamte und Angestellte den Aufgabenkreis des Bezirksverbandes, dessen Geschäftsleitung im gleichen Gebäude untergebracht ist. Ueber das erweiterte Tätigkeitsfeld der Amtshauptmannschaft und die einzelnen Ressorts bringen wir im lokalen Teil des T. A. W. nähere Einzelheiten.