Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 132. Jahrgang Nr. 16 vom 16. April 1939. S. 1 – 2.
Von Dr. Johannes Kleinpaul.
„Das Schloß steht auf Marmor, der Galgen auf lauter(em) Silber, der Wald auf lauter Gold”, heißt es von Rochlitz. Und das mit Recht. Matthesius in seiner „Bergpostille” (1562) und Albinus in seiner „Meißnischen Land- und Bergchronik” (1589) berichten, daß dort tatsächlich Gold gefunden wurde, und ebenso, dort in der Nähe, in Bergisdorf bei Borna und in Hermsdorf bei Penig. Wenn man`s nicht ganz genau nimmt, gilt dasselbe fast von ganz Sachsen. Wo man steht und geht ist Goldgrund, zahlreiche Namen zeugen davon: der Goldbrunnen bei Eibenstock, der Goldgrund bei Dippoldiswalde, die Goldgruben bei Hohnstein, der Goldbach und das Tal der goldenen Ader in der Lausitz.
Am besten wußten das die „Walen”, sachkundige Venezianer, die alle Forellenbäche nach Gold absuchten; einige „Walenbüchlein”, in denen sie ihre Fundorte verzeichneten, sind auf uns gekommen. Am ergiebigsten waren die Gewässer des Vogtlands, wo man die Göltzsch früher „Goldsch” schrieb, und wo man bei Rodewisch „rotes Gold wusch”.
Goldwaschen, das man „seifen” nannte, war eine überaus mühsame Arbeit. Hundert Lachter war ein „Seifenwerk” in der Regel lang und halb so breit. Zuerst wurden grob gehobelte Bretter quer in den Bach oder Fluß gestellt, und dann wurde tagelang, wochenlang das Geröll geschaufelt, das das Wasser herzu und wieder fort trug. Dann las man die „Flietschen” oder „Flämmigen” von den rauhen Brettern ab, fein wie Sand, und sammelte sie in Federkielen; ein Bergmann in Johanngeorgenstadt war glücklich, als er einen halben Federkiel voll zusammenbrachte und wurde dafür von Johann Georg II. mit „Freiheiten” auf sein Haus belohnt.
Nur ganz ausnahmsweise wurden Goldkörner von Bohnen- oder Erbsengröße gefunden; das größte wurde im Jahr 1733 am Fuße des Auersbergs entdeckt und dem Sohne Augusts des Starken bei der Erbhuldigung in Freiberg überreicht, es wog 13 As. Sie sahen pech- oder rauchfarbig, blaubraun oder rostbraun aus wie der Flußsand und waren nur von Kenneraugen herauszufinden. Kurfürst Johann Friedrich, der im Jahr 1547 von seinem Vetter Herzog Moritz bei Mühlberg gefangen genommen wurde, war stolz auf seine 15½ Mark schwere Kette von Goldkörnern, die an der ganzen sächsischen Elbstrecke gesammelt worden waren, denn sächsisches Flußgold wurde dem „Kronengold” gleich geschätzt. Zehn Jahre später beauftragte Kurfürst August den Bastian Volandt mit der Anlage von Goldwäschen an der Elbe. Am 2. August 1558 lieferte dieser ihm „drei Kugeln im Gewicht von 35½ ungarischen Gulden”, am 6. Oktober „Gold von sieben ungar. Gulden Schwere”, und später noch ein paarmal — immer weniger.
An unzähligen Orten wurde natürlich auch in der Erdentiefe nach Gold gesucht, und die Landesherren unterstützten das nach Kräften. Kurfürst August erließ im Jahr 1563 eine „Goldordnung”, in der er „jedem, der einen streichenden Gang entblößet, der Goldt führet, es sey gleich reich oder gering, zwanzig Güldengroschen” versprach. In einem „Bergdecret” vom Jahr 1624 heißt es ähnlich, und im Jahr 1737 verzichtete Kurfürst Friedrich August auf die acht Freikuxe, die ihm von jedem Goldbergwerk zustanden, „zu mehrerer Aufmunterung baulustiger Gewerken und zum Versuche ihres Glückes”. Sein Nachfolger bewilligte dem Bergmann Grämer in Johanngeorgenstadt eine Zulage von 6 Groschen zu seinem Wochenlohn, mit dem Auftrage, Gold zu suchen; im Jahr 1768 lieferte er 3½ As Gold und vier Pfund feinen goldhaltigen Zinnsand beim Oberbergamte ein.
Die ergiebigsten Goldfundgruben befanden sich bei Hohenstein. Die dortigen Kirchenrechnungen verzeichneten lange bedeutende Einnahmen aus Goldkuxen. schon zu Anfang des 16. Jahrhunderts war der dortige Bergbau „gewaltig und schwunghaft”, vor allem die St. Lampertusgrube wurde später weithin berühmt. Ein anderer großer Fundort befand sich zu Euba bei Chemnitz, dessen Ausbeute sich Kurfürst Christian I. selbst vorbehielt; im Jahr 1596 befanden sich dort drei Goldbergwerke. Im Jahre 1631 erhielt der Organist Springer aus Freiberg ein Privileg auf acht Jahre über ein Goldbergwerk bei Chemnitz, – vielleicht war es dasselbe. Sieben Jahre später wurde ihm der dortige Bergbau erblich verliehen; noch im Jahr 1649 war die Grube im Betrieb.
Im Jahre 1536 bat ein gewisser Hanns Schlesiger den Kurfürsten Johann Friedrich um ein Privileg, der ein Goldbergwerk „auf der neuen Mark”, in Neumark bei Zwickau betreiben wollte; der dortige Schösser Wolf Böhm bestätigte damals, „daß dort ehedem viel Gold gewaschen und Goldgänge angetroffen worden seien”. Im Jahre 1694 suchte der Schneider Hertel aus Zwickau bei Niederhohndorf nach Gold mit der Wünschelrute und ließ dann zum Probieren und „Zugutemachen” der gefundenen Masse einen Sachverständigen aus Leipzig kommen, der später ein kleines Buch schrieb: „Ausführliche Beschreibung des unweit Zwickau in Meißen zu Niederhohndorf gefundenen goldigen Sande”. Viel aber war nach seiner Meinung damit nicht zu gewinnen, und die Sache schlief wohl bald wieder ein.
Das war das endliche Schicksal unzähliger dergleichen Unternehmungen, da sich die aufgewandten Kosten und Mühen fast nie wirklich verlohnten. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurden aus Hohensteiner Lampertuserz im Gewicht von einem Zentner nur 6,75 Grän Gold, im Jahr 1806 aus 75 Zentner nur Gold im Werte von etwa 60 Dukaten herausgeschmolzen. In den Jahren 1839-42 kamen an der Göltzsch bei Auerbach aus zwölf Raummeter Sand nur 65 Goldblättchen zum Vorschein, von denen die größten nicht mehr als ein Milligramm wogen.
Ob es aber viel Gold oder nur wenig war, das unsre Berge und Wässer hergaben, — wo ist es hingekommen? In die viele hundert Jahre alte landesherrliche „Kunstkammer” im „Grünen Gewölbe” ist bedauerlicherweise kein einziges Stück gelangt, das erweislich aus sächsischem Golde angefertigt wurde. Von Kurfürst Johann Friedrichs schöner Kette hat sich jede Spur verloren. Verschwunden ist auch das einst viel bestaunte „Stücklein”, das im Jahr 1658 im Eibenstocker „Goldbrunnen” gefunden wurde. Nur das im Jahr 1733 am Auersberge entdeckte Bröckchen hat sich, wie es scheint, im Dresdner Mineralogischen Museum erhalten, wo man auch ein paar „Flämmchen” aus den Johanngeorgenstadter Seifen zu sehen bekommt. In Plauen hat sich ein Fläschchen mit Goldflitterchen erhalten, die wohl aus der Göltzsch stammen. Im Freiberger Geologischen Museum wird einzig eine Prise Goldstaub aus Zschorlau noch verwahrt. Vereinzelte Hohensteiner und Göltzschgold-Dukaten werden sich da und dort noch befinden. Sie waren von jeher eine große Seltenheit; die Ersteren waren gleich, als man sie münzte, 30 Taler wert.