Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 127. Jahrgang, Nr. 49, 24. Dezember 1933, S. 7
In vielen deutschen Wäldern knirschen schon die Sägen, klingen die Axtschläge, große und kleine Tannen fallen, werden zu Dutzenden und Hunderten aufeinandergeschichtet, in Waggons geladen und in die Städte gebracht. Dort warten schon die Groß- und Kleinhändler, denn von Mitte Dezember ab beginnt der Weihnachtsbaumverkauf. Die Tannen kommen aus fast allen deutschen Gauen, die größten und schönsten aus Thüringen, Bayern und Schleswig-Holstein.
Die Mehrzahl des bunten Baumschmucks kommt aus Thüringen und Schlesien. All die schönen Glaskronen, die bunten Glaskugeln und all das andere hauchdünne und zerbrechliche Zeug wird im Heimbetrieb erzeugt. Tausende von Familien sind das ganze Jahr dabei, den alljährlichen Baumschmuckbedarf der durchweg recht hoch ist, zu befriedigen. Dieser Schmuck wird übrigens durchaus nicht nur in Deutschland gekauft, sondern überall in der Welt, wo Weihnachtsbäume aufgestellt werden, benutzt man auch deutschen Schmuck. Versuche, im Weihnachtsbaumschmuck zu einer gewissen Typisierung zu gelangen, sind am Publikum gescheitert, das nach wie vor darauf besteht, recht viele bunte und verschiedenartige Dinge an den Baum zu hängen.
Woher die schönsten Spielsachen kommen, weiß man ja auch: aus Franken und Thüringen. Die Nürnberger Spielzeugindustrie genießt noch immer Weltruf, noch immer bemühen sich in diesen großen Betrieben erfinderische Köpfe, den deutschen Jungens und Mädels recht viel neue Sachen auf den Gabentisch zu stellen, bemüht man sich auch, die Dinge erschwinglich zu halten, damit der Geldbeutel des Vaters mitkommen kann. Unter den Begriff Spielsachen fällt hier fast alles und jedes, sowohl die technischen Spielzeugkästen, wie auch Puppen, Zinnsoldaten, Gesellschaftsspiele und was alles dazu gehört. Waggonweise gehen die Sachen in alle deutschen Gaue und in die Welt hinaus, darunter ganze Schiffsladungen nach Nord- und Südamerika. Sehr schöne Holzspielsachen kommen besonders aus Sonnenberg, weltberühmte Puppen aus Bad Kösen, aus Gotha, Waltershausen und Ohrdruf.
Was wäre ein Weihnachtsbaum ohne Süßigkeiten, was ein Gabentisch ohne Stollen und Weihnachtsgebäck. Wenn man den Namen Lebkuchen nennt, dann ist damit fast untrennbar der Name der alten deutschen Stadt verbunden, die ihm Weltruf verschafft hat: Nürnberg. Daß Dresden ausnehmend schöne Christstollen bäckt, ist gleichfalls weit und breit bekannt, wenngleich nicht geleugnet werden kann, daß auch andere deutsche Städte (Annaberg! Die Red.) mindestens ebenso
Daß auf einen richtigen Weihnachtsbaum auch Wachskerzen gehören, ist gleichfalls verbreitete Ansicht. Auch die Wachslichter kommen aus vielen deutschen Gauen, aus Bayern, aus Schlesien, Thüringen und Sachsen. Noch immer werden zu Weihnachten viele, viele Millionen der kleinen Wachslichter verkauft.
Daß das Herannahen der Christzeit auch das Todesurteil für viele tausend, ja hunderttausend biedere Karpfen bedeutet, ist zwar traurig, aber unvermeidlich. Die Karpfen, die ja nichts dafür können, daß sie uns so gut schmecken, kommen hauptsächlich aus Schlesien, der Lausitz und auch der Gegend um Cottbus. Sie werden dort in großen Kunstteichen gezüchtet und einmal oder mehrere Male im Jahre in großen Netzen gefangen. Die Besitzer nennt man Teichwirte und für diese Teichwirte bedeutet das Weihnachtsfest den Höhepunkt des Jahres. Auch sie tragen, wie fast jeder deutsche Gau, ihren Teil dazu bei, das deutsche Weihnachtsfest recht schön, feierlich und — wohlschmeckend zu machen.
Kurt Lampert.