Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt Nr. 38, 134. Jahrgang, 29.09.1940, S. 1 – 2.
(Schluß aus Nr. 37)
Auch über den Berg bringt die Dietrichsche Chronik einige interessante Notizen. An der Stadtseite war er kahl, dagegen nach Walthersdorf zu dicht mit Tannen bewachsen. Der Stadt liefert er vor allem das kostbare und sehr gute Wasser, das zudem auch zwei Mühlen in der Nähe der Stadt treibt. Ferner bietet der Berg sehr gute Weide für gegen 300 Stück Rindvieh, sowie für eine bedeutende Anzahl Ziegen und Gänse, die täglich zwei Mal auf den Berg getrieben werden. Er birgt weiter mächtige Lager von gelbem, weißem und rotem Sand und Ton. Sein Holz ist auch nicht zu unterschätzen; und seine Torflager am Berghang sind ebenfalls von Wert. Dazu kommt noch der Kalksteinbruch am Crottendorfer Weg, in früheren Zeiten sogar eigentlicher Bergbau.
Der Bergbau, der 1522 zur Gründung der Stadt den Anlaß gab, hat, sich nicht allzu lang gehalten. Mit seinem Verfall kamen in der Stadt Gewerbe, Handel und Fabrikwesen und damit auch neuer, beachtlicher Wohlstand auf. So stand neben der Töpferei am Berg eine Papiermacher-Fabrik, die 1818 erbaut worden, am 9. Januar 1838 bei strengster Kälte und unter fürchterlichem Schneesturm niedergebrannt und im Sommer 1838 wieder aufgebaut worden war; sie stellte in nah und fern äußerst beliebte Tierfiguren und anderes her.
Schließlich seien noch ein paar Merkwürdigkeiten — wie die Dietrichsche Chronik sie nennt — aus der Scheibenberger Stadtgeschichte zusammengestellt. Es hat um 1700 in hiesiger Gegend noch immer einzelne Bären, Wölfe und Luchse, auch wilde Schweine und sehr viel großes und kleines Wild gegeben. Das hat den Ackerbau viel gehemmt und zudem auch die Wege unsicher gemacht.
Auch an Krankheiten und Seuchen hat es nicht gefehlt. Pest, Ruhr und Blattern haben in der Stadt gewütet. Im großen Teuerungsjahr 1722 starben an Blattern und Ruhr 197 Menschen. In normalen Zeiten betrug die durchschnittliche Sterbezahl etwa 60 im Jahr. Im Jahre 1647 hat es in der Zeit vom 7.-11. Januar ununterbrochen geschneit. Um zur Kirche zu können, mußten acht Männer einen Stollen durch den Schnee graben. Am 2. Advent des Jahres 1660 wütete ein solcher Sturm, daß die Kirchleute in die Höhe gehoben und die stärksten Leute umgeworfen wurden. Am 6. August 1661 ging über die Stadt ein Gußregen (Wolkenbruch) nieder, so daß in der immerhin hoch gelegenen Kirche das Wasser ¾ Ellen hoch stand; die Gegend nach dem Brünlas zu (Richtung Elterlein) glich einem See. Am 12. Dezember 1811 in der achten Abendstunde ging eine zwei Mal sich wiederholende Erschütterung durch die Stadt hindurch; sie war so heftig, daß die Bewohner die Häuser verließen. Etwas Ähnliches, nur in geringerem Ausmaß, geschah im Jahre 1835.
Die Dietrichsche Chronik erwähnt auch Schwarzbach, das in früheren Zeiten nach Elterlein und dann nach Markersbach eingepfarrt war und 1837 und 38 auf eigenem Boden eine schöne Kirche mit Turm erbaute. Ob der Zusatz „mit Turm” deswegen besonders im Text steht, weil die Scheibenberger Kirche lange Zeit ohne Turm war? Am 2. Mai 1824 brannte Schwarzenberg zum größten Teil ab.
Deutschem Schaffensgeist verdankt Scheibenberg seine Entstehung. Deutsche Heimatliebe und Zähigkeit haben die Stadt durch mannigfache Schwierigkeiten hindurch bis in die Gegenwart hineingetragen. Und in der Größe unserer gegenwärtigen Zeit wird auch die Stadt Scheibenberg wieder groß. Auch über ihr sieht die so gewaltige Zukunftshoffnung unseres Volkes.
Karl Hans Pollmer.