425 Jahre Kurbad Wiesenbad.

Erzgebirgisches Sonntagsblatt 119. Jahrgang, Nr. 29, 18. Juli 1926, S. 6

Das moderne Wiesenbad.

Ein Großfeuer zerstörte am 6. September 1854 das Badehaus und das damals sehr einfache Gasthaus. Es entstanden als Neubauten das große massive Badehaus und das Kurhotel in der Form, wie sie sich noch heute von außen unseren Blicken bieten. Im Innern hat sich im Laufe der Jahre vieles und bei der letzten durchgreifenden Renovation in den Jahren 1919/23 alles geändert. Mit diesen durchgreifenden Erneuerungen rückte Wiesenbad in die Reihe der modernen Bäder, welche außer ihren heilkräftigen Quellen auch den neuzeitlichen Komfort bieten, auf welchen der Kurgast unserer Tage Anspruch stellt.

Terrasse und Badeplatz.

Den Hauptwendepunkt bildet die im Jahre 1919 auf Veranlassung des derzeitigen Besitzers, Herrn Fabrikbesitzer Willy O. Meyer, veranlaßte und von dem bekannten Wünschelrutenforscher Otto Edler von Graefe im Verein mit Herrn Zivilingenieur Bernhard Röttinger, Halle a. S., erfolgte Bohrung der Georgsquelle. Die neue Quelle, genannt Georgsquelle nach Herzog Georg von Sachsen, der im Jahre 1501 eine Kapelle stiftete, hat durch ihre erhöhte Temperatur die Heil-Erfolge wesentlich gefördert. Des weiteren wurde im gleichen Jahre die im Badewald gelegene Sophienquelle, nach der Kurfürstin Sophie, die sich seinerzeit das Fürstenhaus hier bauen ließ, genannt, gebohrt. Da jedoch das Wasser der Sophienquelle denjenigen ihrer Schwesterquellen stark ähnelt, ist bisher von einer Verwendung derselben abgesehen worden.

Kurhotel-Diele

Auf dem Gebiete der ärztlichen Behandlung, der der Badearzt Dr. Kurt Bodek schon seit einer Reihe von Jahren in gewissenhafter Weise vorsteht, wurde durch die Anschaffung der neuzeitlichsten Apparate zur Elektromassage, Diathermie usw. ein wertvolles Institut geschaffen, das dem Kurgast Gelegenheit gibt, neben den Heilbädern auch die Wohltaten moderner Therapie zu genießen.

Gastzimmer im Kurhotel

Es wurde ferner die Renovierung sämtlicher bestehender Gebäude, insbesondere des Badehauses und Kurhotels mit aller Energie betrieben, so daß heute das Badehaus, was Wohnräume anbelangt, als ganz erstklassig anzusprechen ist. Im Kurhotel wurden die öffentlichen Räume, Speise- und Festsäle, unter Anleitung des Herrn Architekt Willy Schönfeld, Chemnitz, und Kunstmaler Mönkemeyer, Dresden, neuzeitlich ausgestattet.

Fremdenzimmer im Charlottenhaus.

Im Jahre 1922 erfolgte dann der Neubau des mit allem denkbaren Komfort ausgestatteten Charlottenhauses, wodurch Wiesenbad in die Lage gesetzt wurde, auch den verwöhntesten Ansprüchen gerecht zu werden. Inzwischen wurden auch die Parkanlagen wesentlich vergrößert und verschönt. Sie vereinigen heute eine Fülle von Naturschönheiten, die den Besucher, sei es Kurgast oder Wanderer, erfreuen. Er labt sich an der herrlichen ozonreichen Waldluft, die äußerst beruhigend und kräftigend auf überanstrengte Nerven wirkt.

Ecke des Speisesaals im Kurhotel.

Im Jahre 1923 erfolgte dann der Umbau der Konzert- und Wandelhalle, sowie die Renovierung des Thermal-Schwimmbades.

Da sich durch diese Neuerungen und Vergrößerungen die Frequenz jährlich ersichtlich hob, mußte auch auf dem Gebiete der Unterhaltung Entsprechendes geboten werden. So finden während der Kurzeit allwöchentlich die beliebten Künstlerabende erster und namhafter Künstler statt, zu deren Gelingen seitens der Kurverwaltung keine Kosten gescheut werden. Die allwöchentlichen Gesellschaftsabende sind zu einem Treffpunkt der guten Gesellschaft aus Annaberg, Buchholz und der näheren Umgebung geworden.

Tee-Diele im Charlottenhaus.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß Wiesenbad in kurzer Zeit durch zielbewußtes Vorgehen einen raschen Aufstieg genommen hat. Es besteht die berechtigte Annahme, daß das moderne Wiesenbad auch ferner seinen Platz in der Reihe der sächsischen Heilbäder behaupten wird.