Von Willy Jacob.
Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt 123. Jahrgang, Nr. 41, 13. Oktober 1929, S. 2
Die germanische Besiedelung des westlichen Erzgebirges erfolgte im 12. Jahrhundert durch fränkische Bauern. Das eigentliche Waldgebiet aber wurde durch Bergleute aus dem Fichtelgebirge aufgeschlossen, die die Zinnseifen von Neustädtel, Zschorlau, Sosa, Bockau bis nach Eibenstock (Auersberg!), von da bis nach Gottesgab (Fichtelberg!), Seiffen, Platten, Bäringen, Hirschenstand, Neuhammer und Neudeck abbauten. Zinnseifen waren Sand- und Kiesablagerungen der Flüsse oder ehemaligen Flußläufe, die feinverteiltes Zinnerz, selten Kristalle des Zinnsteins (die sogenannten Zinngraupen) enthielten. Der Abbau, die „alte Seifenarbeit“, vollzog sich nach Agricola folgendermaßen:
„Man zog unmittelbar am oder im Seifengebirge einen Graben mit starkem Gefälle, dämmte ihn am unteren Ende mit Steinen oder Rasen ab und leitete das Wasser eines Baches hindurch. Während nun ein oder mehrere Seifner mit Keilhauen die zinnhaltige Erde loshackten und in den Graben warfen, standen andere in hohen Wasserstiefeln im Graben und warfen mit der Seifengabel die gröberen Stücke (Wände) heraus; Erde, Sand, Wurzeln und Rasen wurden von dem rasch strömenden Wasser, das am Ende des Grabens über den Damm hinwegstürzte, davongeführt, der schwere Zinnstein aber sank zu Boden. War der Graben gefüllt, so nahm man mit eisernen Schaufeln den am Boden liegenden Sand heraus, schied, indem man die Schaufel im Wasser hin und her bewegte, noch einen Teil des Sandes ab und reinigte den Zinnstein vollends in Trögen mit Hilfe einer kleinen hölzernen Schaufel. Die weitere Isolierung des Zinnsteins geschah in einem Läuterhobel.“ Dort fanden sich dann als letzte Ablagerungen neben Zinnerz in feinsten Teilen und größeren Graupen auch Geschiebe von Zwitter (erzhaltigem Gestein), Turmalin, Wolfram, Rauchquarz, Granaten, Eisensteine und auch Gold in Blättchen und Körnchen.
Ja, wirkliches Gold! Selbstverständlich hatte es seit Urzeiten auch in Deutschland nie an Versuchen gefehlt, das gelbe, gleißende Edelmetall als edelstes und kostbarstes Gut, welches Mutter Erde den Menschenkindern bietet, zu erschürfen, auszuschmelzen oder aus dem Flußsande auszuwaschen. Aus dem Sande der Flüsse Rhein, Donau, Isar und Inn, im Harz, im Thüringer Wald und im Plauenschen Grunde wurde sogar noch bis in die letzte Zeit Gold gewonnen.
Aus dem Mittelalter sind uns so viele Sagen übermittelt von verzauberten Schätzen, von Gold- und Silberlagern, die sicher nicht alle frei erfunden, daß es sich wohl lohnt, alte Schriften und Überlieferungen, die uns von goldkornhaltigem Sande in den Betten unserer heimischen Gewässer und von starken Goldadern im Gebirgsleibe erzählen, auf ihren geschichtlichen Kern hin zu untersuchen.
Peter Albinus schreibt 1590 in seiner „Meißnischen Bergchronika“: „Was für Bäche und örter oben auff dem Gebirge sein, so Meysen und Behmen scheidet (er meint damit nicht nur das Erzgebirge, sondern auch die anschließenden: Fichtelgebirge und Lausitzer Bergland), welche Gold führen, sollen die Fremden, als Welsche und andere Terminirer besser wissen als wir, wie die gemeine Rede gehet. Sonderlich sollen viel schwartze Graupen, wie man sie bei Schlackenwerda wäschet und Goldt draus macht, aus diesem Lande weggetragen werden.“ – „Es ist in dieser Landschaft auch ein Sprichwort, das man an und umb den Fichtelberg (gemeint ist das Fichtelgebirge!) offt eine Kuhe mit einem Stein wirft, welcher besser als die Kuhe ist.“ Wenn das auch sicher Übertreibung ist, so schreibt doch Matthesius, der Bergprediger von Joachimsthal, von meißnischen Goldseifen im Obererzgebirge:
„Das Wasch- und ledig Gold, das in Flüssen und Forellenbächen wächst, wird oft von Felsen und Gängen abgerissen oder von Grus und Dammerde ausgewaschen und vom Gebirge erledigt; es ist das edelste und reinste Gold, dem Kronengolde gleich gehalten und ist ein Quentlein mit 38 Groschen bezahlt worden. Solche Goldkörner, Flietschen und Flämmigen sind an Farbe und Gestalt nicht einerlei. – Alle Bächlein an der Zschopau, die vom rothen Haus auf den Stolzenhain in das Grenzwasser am Weinberg (Weipert) fallen, haben gediegene schwarze Goldkörner bei sich geführt und die, so sich darauf verstanden, in kurzem reich gemacht. Im Grenzwasser Pila (Pöhla) hat man ebenfalls gute Goldkörner gefunden, die sich auch flötschen lassen wie Blei, und diese hält man für die besten, desgleichen im Bächlein Conduppel schwarze Körner, die man auf dem Amboß breit schlagen konnte. Im Preßnitzer Wasser haben die Alten gut Gold gewaschen, und hinter dem Spitzberge über Jöhstadt hat der Bach viel und gute Silberkörner gegeben. In allen Bächen zwischen Wolkenstein und Annaberg, die in die Zschopau fallen, hat man Granaten gefunden, als der beste Zusatz zum Gold und Körner so gut als Rheinisch Gold. In Forellenbächen um Marienberg haben die Alten gediegene Goldflietschen klein und groß gewaschen. Am Schwarzwasser und seinen Einfällen über und um Platten, Gottesgab und Breitenbrunn werden noch Goldflietschen gesammelt und bisweilen feine Stüflein gediegenen Goldes gefunden, welche von Chymisten höher denn ander Gold gehalten werden. An der Schneeberger Mulde werden auch deren gefunden und bei Eibenstock hat in einer Seifen, der Goldbrunn genannt, ein Mann des Tages 1 ½ Pfund Goldkörner waschen können, deren ein Pfund 14 bis 18 Gulden gegolten.“
Von den Fürsten und Behörden wurden die Suchen nach vermuteten Goldlagerstätten, nach Seifen und Anbrüchen in jeder Beziehung unterstützt und durch hohe Versprechungen und finanzielle Ermunterungen gefördert. Aber schon Christian Lehmann sagt 1699: „Man hat sich auf churfürstlichen Befehl sehr bemühet, die Goldgänge aufzusuchen, aber vergebens“; auch hätte „Churfürst Johann Georg I. darnach große Freiheit versprochen, wenn sie dergleichen Gänge entblößen würden“.
In dem betreffenden Bergdekret von 1624 heißt es: „Wofern auch jemand in unseren Landen, besonders an Orten, wo bisher verschiedentlich Goldkörner und Flietschen gefunden wurden, Goldseifen und Waschwerke zustande bringt oder Golderzführende Gänge entblößt, gegen den wollen wir uns nach Befinden mit besonderer Gnade, deren er sich wohl zu erfreuen haben soll, zu erzeigen nicht unterlassen.“
Der Buchholzer Pfarrer Christian Meltzer schreibt 1718 in seiner zweiten Schneeberger Chronik: „Wie große Freiheit auch der glorwürdige Churfürst Johann Georg II. Gnädigst versprochen habe, hätte man keinerlei Goldgänge ausrichten und enblößen können, daher auch Ihre Königliche Majestät in Pohlen, als sie bey dero letzteren Anwesenheit den Schneeberger Bergmeister Fischer um Gold gefraget, zur Zeit keine Versicherung deshalben hatte erhalten mögen.“
Heinrich der Fromme, der gewiß nicht an Prunk und irdischen Gütern hing, ermunterte die sächs. Bergleute, nach Gold zu suchen. Der Sekretär am herzoglichen Hofe, Bernhard Freydinger, erzählt uns in seiner Lebensbeschreibung 1563, daß dem Herzog Heinrich zwei Tage vor seinem Tode von seiner Gemahlin ein gelbes leinenes Säcklein auf das Krankenlager gereicht wurde, in dem „drey Goldkörner selbst wachsenden, gediegenen Goldes lagen, so nie ins Feuer kommen waren, ein jegliches einer ziemlichen welschen Nuß groß“.